Zwischen Mexiko und Deutschland
von Diana
Meine Ankunft in Deutschland…
Ich erinnere mich genau daran, wie ich vor 6 Jahren am Flughafen von Mexiko-Stadt einen Shot Tequila bestellt habe, um mutig in das Flugzeug zu steigen, das mich in mein neues Zuhause bringen würde. Ich fühlte Aufregung, Angst, Ungewissheit … Treffe ich die richtige Entscheidung oder mache ich etwas Verrücktes? Letztendlich, nach sechs Jahren und im Rückblick, glaube ich, es war ein bisschen von beidem.
Ich kam an einem Sonntagabend in meinem neuen Zuhause in Kassel an. Ich hatte großen Hunger, konnte aber nichts kaufen, weil alle Geschäfte geschlossen waren. Und meine Hauptsorge bei der Ankunft am Bahnhof Kassel-Wilhelmshöhe war, warum zum Teufel meine Uber-App an diesem neuen Ort nicht funktionierte. Ich stieg in ein Taxi und schaffte es mit meinem sehr begrenzten Deutsch, mein Studentenwohnheim zu erreichen. Ich musste schnell schlafen (trotz Jetlag), denn am nächsten Tag musste ich zur Universität, von der ich nicht die geringste Ahnung hatte, wo sie war. Ich hatte auch kein Internet und musste das bisschen Netz von meinem Nachbarn klauen, um Dinge suchen zu können.„Welcome to Germany and meet the Germans“, dachte ich.
…und jetzt mein Rückblick.
Manchmal erinnere ich mich daran, wie ich versucht habe, mit den Leuten auf Englisch zu sprechen, aber viele Deutsche antworteten mir, dass sie die Sprache nicht gut sprechen könnten. Tatsächlich habe ich im Laufe der Jahre gelernt, dass Deutsche es als etwas Peinliches empfinden, eine Sprache nicht perfekt zu sprechen. Aber bedeutet das, dass wir Ausländer:innen, die ein seltsames Deutsch sprechen, uns in einem Teufelskreis der Scham befinden, aus dem wir nie herauskommen? Obwohl ich mit Deutschen zusammenlebe und obwohl ich versuche jeden Tag Deutsch zu reden, verwechsle ich immer noch „Geschichte“ mit „Gesicht“ oder „Kirsche“ mit „Kirche“. Ich habe immer noch Probleme mit Der-Die-Das und all ihren Deklinationen. Die deutsche Sprache und meine Erfahrungen in Deutschland sind meine „demütigendste Erfahrung“, denn ich musste neu lernen zu sprechen; zu denken und die Welt anders zu sehen; mehr Stille zu ertragen, weil ich nicht wusste, was ich sagen sollte; und meine Gefühle in einer Sprache auszudrücken, die nicht meine eigene ist. Aber es ist nicht alles schlecht! Es ist nur anders. Ich will nicht leugnen, dass ich meine Familie und Freunde, das Essen, die Gerüche und die Farben meiner Heimatstadt Mexiko-Stadt vermisse. Manchmal vermisse ich sogar den „organillero“* der zwischen den Autos und dem Verkehr „Cielito Lindo“** spielte. Aber ich genieße es auch sehr, überall mit dem Fahrrad hinzufahren zu können, den Glühwein und die Weihnachtsmärkte im Winter und die Tausenden von Brotsorten in einer deutschen Bäckerei. Ich schätze (meistens) die Ehrlichkeit und die direkte Art der Deutschen. Die so präzisen Wörter der deutschen Sprache, die Dinge wie „Schadenfreude“ beschreiben, die wir alle schon einmal empfunden haben und die niemand zugeben will. Das seltsame Vergnügen, Geld zurückzubekommen, wenn man Pfand im Supermarkt recycelt. Und so könnte ich noch eine ganze Reihe von Unterschieden beschreiben, die meine Tage in meinem neuen Zuhause glücklicher machen.
Aber ich glaube, was ich am meisten am Leben in Deutschland schätze, ist, dass mein Herz zwei unterschiedlichen Orten gehört, die aber Erinnerungen, Erfahrungen und Emotionen miteinander verbinden. Wie ein Gemälde von Van Gogh, bei dem jeder Punkt wesentlich ist, um ein Bild voller Anmut zu schaffen.

Bild aus Schloss Wilhelmshöhe von Diana
*Organillero oder Drehorgelspieler (auf Deutsch) https://de.wikipedia.org/wiki/Drehorgelspieler
** Cielito Lindo – https://de.wikipedia.org/wiki/Cielito_lindo
